Cannabispflanzen: Genetik (Genotyp) und Wachstumsumgebung (Phänotyp).

Cannabisgenetik: Genotyp und Phänotyp

Cannabisgenetik: Genotyp und Phänotyp

Wer sich intensiver mit der Cannabispflanze beschäftigt und auch schon selbst angebaut hat, stolpert früher oder später über die Begriffe „Genotyp“ und „Phänotyp“. Zwar beziehen sich diese nicht ausschließlich auf Hanf, sondern auf alle lebenden Organismen. Nichtsdestotrotz spielen sie gerade auf dem Cannabismarkt eine besonders große Rolle – Grund genug, sie heute einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Abstammung von Cannabispflanzen

Bevor wir uns dem Genotyp und Phänotyp widmen, müssen wir nochmal einen Blick auf die Herkunft der Cannabispflanze werfen. Ihre Geschichte geht mindestens 3000 Jahre zurück. Bevor die Pflanze durch den Menschen entdeckt und gezüchtet wurde, wuchs sie ganz natürlich. Dabei passte sie sich über einen langen Zeitraum den vorherrschenden Umweltbedingungen und dem Klima an, in dem sie gedieh. So entstanden drei eigenständige Cannabis-Unterarten:

Jede dieser Unterarten hat einzigartige Merkmale. So stammen Sativas aus sehr warmen und tropischen Regionen. Als Reaktion darauf wuchsen sie hoch und produzierten dünne Blätter, sowie große, luftige Blüten. Außerdem brauchen sie mehr Zeit zum Wachsen und haben längere Blütezeiten als ihre Geschwister.

Indicas hingegen mussten sich einem ganz anderen Klima anpassen, denn sie stammen aus Zentralasien und dem indischen Subkontinent, zu dem unter anderem Nepal, Bangladesch und Bhutan gehören. Die Cannabispflanze musste also lernen, sich an bergige Regionen mit einem kalten Klima zu gewöhnen. Um dort gut zu gedeihen, wuchsen Indicas kleiner und buschiger als die anderen Unterarten. Zudem blühen sie als Reaktion auf die viel kürzeren Sommerperioden auch schneller und produzieren dichtere Blüten. 

Die erst in den 1920er-Jahren entdeckte Ruderalis-Pflanze stammt aus Russland und musste mit noch raueren Klima- und Umweltbedingungen zurechtkommen als Indicas. Deshalb ist sie im Größenvergleich auch die kleinste Unterart und erreicht nur rund 50 cm. Für gewöhnlich produzieren Ruderalis dünne Stämme mit nur wenig Zweigen und Blüten. Der bemerkenswerteste Unterschied zwischen ihr und den beiden anderen Arten liegt allerdings darin, dass die in Russland heimische Pflanze selbstblühend ist. Sie benötigt also keinen bestimmten Lichtzyklus, sondern blüht als Reaktion auf kurze und kühle Sommer automatisch nach rund 4 bis 7 Wochen.

Zusammenfassend handelt es sich bei Sativas, Indicas und Ruderalis also um drei eigenständige Unterarten mit sehr spezifischen Eigenschaften. Und genau diese machten sich Züchter zunutze, als der Anbau in den 1980er-Jahren immer beliebter wurde und sie mit dem Kreuzen der Arten begannen. So entstanden viele neue Hybridsorten, für die hauptsächlich Indica- und Sativa-Pflanzen gekreuzt wurden.

Und genau damit kommen wir zum Genotyp und dem Phänotyp.

Was ist der Unterschied zwischen Genotyp und Phänotyp?

Beim Genotyp handelt es sich um den genetischen Code der Pflanze. Diese spezielle Kombination aus Genen wird der Pflanze von ihren Eltern vererbt. Denn Cannabis zählt zu den zweihäusigen Pflanzen, was bedeutet, dass es männliche und weibliche Exemplare gibt. Weibliche Pflanzen bilden Blüten aus, während bei den männlichen Cannabisexemplaren Pollensäcke wachsen. Diese dienen zur Befruchtung der weiblichen Pflanzen.

Beide Eltern vererben der Pflanze also eine Kombination von Genen. Dieser Genotyp trägt alle Informationen zu möglichen Eigenschaften, die die Cannabispflanze später einmal aufweisen kann, in sich. Er legt somit fest, in welchem Spektrum sie sich theoretisch entwickeln kann.

Wie sie dann später tatsächlich wächst, hängt aber auch von den äußeren Umwelteinflüssen ab (Hier findet ihr einen Anfängerguide zum Homegrow der keine Fragen offen lassen dürfte). Damit kommen wir dann zum Phänotyp. Dieser kann, ganz einfach ausgedrückt, als die Reaktion der Pflanze auf ihre Umwelt beschrieben werden. Er resultiert also aus der Interaktion zwischen Genotyp und der Wachstumsumgebung. Dazu zählen Einflüsse wie das Licht, die Luftfeuchtigkeit, die Temperatur, der pH-Wert und die Beschaffenheit des Nährbodens.

Anders gesagt, könnte man den Phänotyp auch als die sichtbaren Merkmale beschreiben, die die Cannabispflanze aufgrund einer spezifischen Wachstumsumgebung zeigt. Dazu gehören unter anderem:

  • Größe
  • Höhe
  • Farbe
  • Struktur
  • Blattform
  • Ertrag
  • Geschmack
  • Aroma
  • Effekt
  • Robustheit gegen raues Wetter
  • Resistenz gegen Pilze und Schädlinge
  • Zwitterhaftigkeit

Es kann also festgehalten werden, dass sowohl die Gene als auch die äußeren Einflüsse bestimmen, wie sich eine Cannabispflanze entwickelt.

Die Jagd nach den besten Phänotypen

Züchter haben seit jeher davon profitiert, dass Cannabis verschiedene Geno- und Phänotypen ausbildet. Tatsächlich war dies der Anfang für viele der aufregenden Cannabissorten, die es heute auf dem Markt gibt. Denn nicht wenige Züchter haben die Vielfalt an speziellen Eigenschaften ausgenutzt, um durch die Suche nach besonders wünschenswerten Phänotypen neue Sorten zu kreieren. Diese Suche hat sogar einen eigenen Namen: Phäno-Jagd oder Phäno-Hunting.

Dabei gibt es verschiedene Methoden. Manche Züchter pflanzen viele Samen unterschiedlicher oder derselben Sorte und wählen dann jene Pflanzen aus, deren Eigenschaften ihnen am besten gefallen oder am ehesten ihren Anforderungen entsprechen. Diese Exemplare werden dann mehrmals hintereinander geklont, bis sich die Eigenschaften im Prinzip verankert haben. Als Klonen bezeichnet man den Prozess, eine Gewebekultur oder einen Steckling einer Pflanze zu nehmen und daraus eine neue Pflanze heranzuziehen. Es ist die einzige Möglichkeit, mit der man im Prinzip eine identische Pflanze erschaffen kann.

Neben dieser ersten Methode nutzen viele Züchter alternativ Samen derselben Mutterpflanze. Auch hier werden wieder die besten Phänotypen ausgewählt und durch Klonen die Eigenschaften stabilisiert. Diese Methode wird genutzt, wenn ein Züchter bereits ganz genau weiß, welche Merkmale er erreichen möchte. Dann wählt er als Basis eine Pflanze, deren Genetik auch genau diese Merkmale aufweist. Durch Klonen und wiederholte Selektion der Phänotypen können so die besten Eigenschaften, die eine Sorte theoretisch zu bieten hat, hervorgeholt werden.

Wenn ein Züchter nach dem langen Prozess der Selektion endlich den gewünschten Phänotypen gefunden hat, wird dieser von da an kontinuierlich zum Klonen eingesetzt. So können die ersehnten Eigenschaften beibehalten werden. Natürlich können sich Züchter auch dafür entscheiden, diesen speziellen Phänotypen für weitere Kreuzungen zu nutzen.

Insgesamt ist die Phäno-Jagd ein relativ komplexer Prozess, der sich normalerweise über viele Monate zieht. Es müssen mehrere Pflanzenkulturen aufgezogen und immer wieder Ableger genommen werden. Manchmal bringt eine neue Generation nur ein bis zwei Phänotypen hervor, die auch wirklich die angestrebten Eigenschaften aufweisen. Züchter, die sich die Mühe machen, werden am Ende allerdings oft mit spannenden neuen Sorten oder hervorragenden Pflanzen belohnt.

Quellen:

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